Gemeinschaftliches Wohnen kann vieles sein: eine tolle Erfahrung und ein kraftraubendes Abenteuer. Oft beides. Gerade, wenn ihr ganz am Anfang steht, ist es gut, sich ein paar Fragen zu stellen, um sicherzustellen, dass ihr gemeinsam in die gleiche Richtung strebt. Die folgenden Fragen können eine Anregung sein, sich selbst oder mit anderen aus dem Freundeskreis auszutauschen, wie ein mögliches Wohnprojekt aussehen kann:
Das Wohnen gestalten
- Platz: Wie viel Platz braucht jede:r für sich / geteilt mit anderen?
- Standard: Zwischen Altbau unsaniert und Passivhaus – Wie hoch soll der Ausbaustandard sein? Braucht es barrierefreie Räume?
- Miete/Nutzungsentgelt: Wieviel Miete wäre ich bereit zu zahlen? Kann die Kaltmiete pro Quadratmeter im Haus auch unterschiedlich hoch sein?
- Eigenleistung? Wieviel Kraft und Know-How können einzelne in der Bauphase einbringen?
- Wohnform: Wer ein Wohnprojekt anfängt, hat viel Gestaltungsspielraum: Soll es einzelne Wohnungen geben oder „alternative“ Lösungen wie Kleinstwohnungen mit Gemeinschaftsbereich („Clusterwohnungen“)? Soll das ganze Haus als eine Wohngemeinschaft mit unterschiedlichen Küchen funktionieren?
- Geld: Wer kann welche Geldsummen als Kredite einbringen? (s. hierzu auch Finanzierung)
Gemeinsam im Haus
- Größe: Wie groß soll das Haus sein? Wieviele Leute sind von Beginn an beteiligt und wieviel sollen letztlich dort wohnen?
- Gemeinschaft leben: Auf welche Bereiche erstreckt sich Gemeinschaft? Geht die Gruppe gemeinsame Verbindlichkeiten ein? Je nach Bedürfnis kann das von gemeinsamem Kochen, Kinderbetreuung bis hin zum gemeinsam organisierten Pflegedienst gehen.
- Geteilte Räume: Welche Räume sollen geteilt werden? Ob Waschkeller, Arbeitsräume, Gästezimmer, Werkstatt, Musikprobenraum, Kindertoberaum… Die Erfahrung zeigt: auch Ungewöhnliches funktioniert, wenn es klare Regeln gibt, wer sich um Räume kümmert.
- Gemeinsam Wirtschaften: Soll es einen „Soli-Fonds“ im Haus geben, um Einzelnen auszuhelfen? Manche Wohnprojekte richten eine Vorratskammer ein und bestellen gemeinsam große Mengen an Lebensmitteln, um so günstig an ökologische Lebensmittel zu kommen, etwa als „Food-Coop“ oder in Kooperation mit einem lokalen Landwirtschaftsbetrieb.
Wohngegend/Nachbarschaft
- Gegend/Stadtviertel: In welcher Gegend / Nachbarschaft soll das Haus liegen? Auf dem Land als idyllisch gelegener Drei-Seit-Hof in der Nähe eines Bachs? In der Stadt als zentral und dennoch ruhig gelegener Altbau in gutem Zustand mit großem Garten? Beides ist selten zu finden und wenn, haben andere dort längst zugeschlagen. Wo würdet ihr also Abstriche machen? Mit etwas Kreativität lassen sich gute Lösungen finden: wo ein Haus keinen Garten hat, gibt es dennoch oft freie Kleingärten in der Nähe. Oder ist zwar das Fachwerkhaus nicht mehr zu haben, aber ein Industriebau umnutzen.
- Umfeld: Was ist mir wichtig für mein Umfeld (Kita, Arbeit, Kultur)? Welche Vereine gibt es im Umfeld? Nicht alles muss schon da sein. Kreative Wohnprojekte holen sich die Kultur einfach ins Haus und bauen einen Kultursalon auf!
Öffnung: Wie stark sind die Beteiligten bereit, sich in die Nachbarschaft einzubringen? - Verkehrsanbindung: Wo ist der nächste Bahnhof? Wie ist die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln?
- Das Haus öffnen: Soll ein Teil des Hauses auch öffentlich genutzt werden? Wollen Einzelne aus dem Haus hier ihre berufliche Basis haben? Denkbar sind auch die externe Vermietung an ein passendes Gewerbe, einen Verein oder gemeinsam gestaltete Räume wie die Kneipe, die tagsüber als Arbeitsraum genutzt wird.
Aus den Antworten auf diese Fragen entsteht ein erstes Selbstverständnis. Das sollte im einfachsten Fall zusammenfassen „Wer sind wir?“ und „Was wollen wir?“ So wird es viel leichter, interessierte Mitstreiter:innen zu finden oder auch mögliche Verkaufsangebote zu prüfen.
Um Visionen etwas realistischer werden zu lassen, kann es lohnen, sich von bestehenden Wohnprojekten inspirieren zu lassen. Sicher kennen einzelne aus der Gruppe andere Wohnprojekte. Fragt dort nach, ob ihr mal als ganze Gruppe auf einen Kaffee zu Besuch kommen könnt. Der Besuch ist ein guter Anlass, im Nachklang gemeinsam darüber zu sprechen, was einzelne faszinierend und übernehmenswert finden – und was nicht.
Das Team der Dezentrale“ unterstützt:
– mit der „offenen Sprechstunde“
Weiterlesen:
– Die Broschüre „Ein Wohnprojekt starten“ – Broschüre der Stiftung Trias.