Unser Beratungsangebot
Im Mai 2022 begannen wir im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Infrastruktur und Landesentwicklung (vormals Sächsischen Staatsministeriums für Regionalentwicklung) mit dem Aufbau der Dezentrale als Netz für gemeinschaftliches Wohnen in den Landkreisen Sachsens. Wir beraten Wohnprojektinitiativen und Grundstückseigentümer ebenso wie Kommunen und Wohnungsunternehmen. In den letzten drei Jahren haben wir uns als Beratungsnetzwerk in Sachsen etabliert und wurde vor allem zum Anlaufpunkt für Wohnprojektinitiativen in den Landkreisen.
Wie wir arbeiten
Wir haben zwei Geschäftsstellen: eine in Dresden und eine in Leipzig mit insgesamt 7 Beschäftigten. Von hier aus bearbeiten wir per Telefon, E-Mail oder persönlich eine Vielzahl von Beratungs- und Kooperationsanfragen, planen wir Veranstaltungen und machen Öffentlichkeitsarbeit. Dazu kommt noch unser Beratungsnetzwerk aus freien Konzeptberater*innen (welche die Gruppen begleiten) und Fachberater*innen (in den Bereichen Recht, Wohnungsgenossenschaft, Architektur und Holzschutz), um alle Beratungsbedarfe gut abdecken zu können. Das Beratungsnetz kommt regelmäßig zusammen um sich auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und neue Impulse für die Arbeit zu entwickeln.
Über eine Kooperation mit der Stiftung trias konnten wir bislang fünf Menschen die Ausbildung zum/r Wohnprojektberater/in ermöglichen. Durch kollegiale Beratung, Netzwerktreffen und Fachseminare bieten wir zudem immer wieder Möglichkeiten der Weiterbildung für die Berater*innen an.
Einen Einblick in unserer Arbeit liefert auch unsere neue Broschüre: „Gemeinschaftliches Wohnen in den Landkreisen Sachsens“ mit konkreten Beispielen und unseren Erfahrungen gesammelt aus den Jahren 2022 bis 2024.
Unser Netzwerk
Wichtig sind unsere Partnernetzwerke, mit denen wir fachlichen Austausch pflegen und zusammenarbeiten: wie z.B. Denkmalnetz Sachsen, Zentrum für Baukultur, Kreatives Sachsen, Netzwerk Zukunftsorte und andere. Mit den kommunalen Beratungsangeboten für gemeinschaftliches Wohnen in Leipzig, Chemnitz und Görlitz arbeiten wir ebenfalls eng zusammen und suchen den Fachaustausch auch mit anderen (Landes-)Beratungsstellen für gemeinschaftliches Wohnen.
Hinzu kommt ein erweitertes Netzwerk mit Fachleuten aus Kommunen, Landkreisen, Stadtentwicklungsgesellschaften und den Verbänden der Wohnungswirtschaft vdw Sachsen und VSWG. Mit den Regionalmanagements des Förderprogramms LEADER sprechen wir über Möglichkeiten, gemeinschaftliche Wohnprojekte zu unterstützen. Zudem tauschen wir uns fortlaufend mit regionalen Akteur*innen wie der Nestbauzentrale Mittelsachsen, Neulandgewinner, Raumpioniere Oberlausitz u.a. aus. Mit der Stiftung trias organisierten wir z.B. ein Seminar zum Thema „Genossenschaften gründen“ und nutzen ihr Wohnprojekte-Portal auch auf unserer Website, um Suchenden einen Überblick über Projekte zu geben und Mitstreiter*innen zu finden. Mit der Grünen Liga zusammen konnten wir bisher Impulse zu ungenutztem Wohnraum im Einfamilienhaus geben.
Um die gemeinschaftlichen Wohnbedarfe Alleinerziehender mehr zu unterstützen, organisierten wir 2024 gemeinsam mit dem vdw Sachsen, der Stiftung Alltagsheld:innen und dem Landeskompetenzzentrum für Alleinerziehende und Soloeltern in Sachsen eine Fachveranstaltung zum Thema „Gutes Wohnen für Alleinerziehende“.
Unsere Veranstaltungen
Wir organisieren selbst Veranstaltungen und werden für inhaltliche Impulse (Vortrag, Workshop o.ä.) eingeladen. Um überregional auszustrahlen, findet ein großer Teil unserer Veranstaltungen online statt, ergänzt um regionale Veranstaltungen in Präsenz. Unser gängigstes Format ist die digitale Offene Sprechstunde – sie wird von vielen genutzt, um sich zum Projektstart, den notwendigen Bausteinen und der Möglichkeit zur Unterstützung durch die Dezentrale zu informieren. Außerdem bieten wir thematische Onlineseminare und Exkursionen vor Ort an, machen Veranstaltungen in Kooperation mit Kommunen und der Wohnungswirtschaft und sind mit Informationsständen auf passenden Events. Wir werden auch zu Fachtagungen deutschlandweit eingeladen und können dort Aspekte der Beratung und Umsetzung von gemeinschaftlichen Wohnprojekten in suburbanen und ländlichen Räumen in Sachsen und Ostdeutschland einbringen.
2024 waren wir in verschiedener Form an insgesamt 46 Veranstaltungen beteiligt – 22 davon in Präsenz an verschiedenen Orten in Sachsen.
Beratung von Wohnprojektinitiativen
Gruppen und einzelne Personen, die auf Gebäudesuche sind, als auch Eigentümer*innen, die ihr Gebäude verkaufen oder gemeinschaftlich(er) nutzen wollen, bekommen von uns eine einmalige Orientierungsberatung, um den konkreten Unterstützungsbedarf und die Chancen des Projekts einzuschätzen. Wenn die Kriterien erfüllt sind, kommt in einer zweiten Stufe eine Intensivberatung über längere Zeit in Betracht. Hier wird die Initiative dabei begleitet, ihr Projekt in die Umsetzung zu bringen und hier binden wir auch unsere Fachberater*innen mit ein.
2024 konnten wir insgesamt 42 verschiedene Wohnprojekt-Initiativen beraten: 16 Initiativen bekamen eine Orientierungsberatung und bei 26 Initiativen konnten wir eine Intensivberatung beginnen, fortführen oder abschließen.
Beratung von Eigentümer*innen und Kooperation mit der Wohnungswirtschaft
Neben Wohnprojektinitiativen beraten wir Privatpersonen mit Wohnungseigentum, Kommunen und vergleichbare Institutionen, sowie Wohnungsunternehmen mit der Zielstellung, geeignete Immobilien für gemeinschaftliches Wohnen zu entwickeln.
2024 haben wir zwölf Eigentümer:innen beraten, indem wir Häuser auf die Eignung als Wohnprojekt geprüft haben oder erste Schritte bei der Entwicklung eines Wohnprojekts gegangen sind. 22 Häuser finden sich derzeit auf unserer Projektbörse.
Außerdem haben wir 2024 zwei Wohnungsunternehmen beraten, mit der Zielstellung geeignete Immobilien für gemeinschaftliches Wohnen zu entwickeln. Dabei wurde vor allem zur Suche nach potentiellen Nutzer*innen beraten.
Beratung von Kommunen
Städte, Gemeinden und Landkreise, aber auch Stadtentwicklungsgesellschaften und Leader-Regionalmanagements spielen eine zentrale Rolle dabei, ob die Potenziale gemeinschaftlichen Wohnens im ländlichen Raum genutzt werden und neue Akteur*innen sich dort willkommen fühlen. Wir wollen vor allem das Zusammenspiel zwischen neuen Wohnformen und den Institutionen erleichtern. Wir sehen unsere Aufgabe darin, die Mitarbeiter*innen der Verwaltungen mit dem Thema vertraut zu machen und auf konkrete Nachfrage von Wohnprojekt-Interessierten vorzubereiten. Außerdem führen wir Veranstaltungen vor Ort durch.
Nach der ersten Kontaktaufnahme arbeiteten wir 2024 mit fünf Kommunen zusammen. Diese Zusammenarbeit in Form von Beratungen, aber auch der Planung gemeinsamer Veranstaltungen und Gebäudeeinschätzungen ist langfristig angelegt, so dass konkrete Erfolge nicht sofort sichtbar sind.
Nach Beratung der Dezentrale rief die Stadt Görlitz 2024 eine regionale Beratungsstelle für gemeinschaftliches Wohnen ins Leben. Unter dem Motto „Baulust Görlitz – Gemeinschaftliches Bauen und Wohnen in der Innenstadt“ wirbt die Kampagne für die Belebung der innerstädtischen Gründerzeitviertel.
Gut angenommen werden dabei die niederschwelligen monatlichen „Wohnprojekt-Stammtische“ mit den BauLust-Beratern. Wird es konkreter, erhalten Interessierte in der Findungs- und Gründungsphase zusätzlich vertiefte individuelle Beratung, um herauszufinden, ob sie das Projekt stemmen können. Während Baulust Görlitz für die lokale Verankerung sorgt, bewerben wir die Häuser auch überregional hinaus, bietet Fachveranstaltungen etwa zu Rechtsformen und Rückhalt für die lokalen Berater.
Fazits aus unserer allgemeinen Arbeit
- Aktives Beraternetzwerk: Durch unsere mehrjährige Arbeit, kontinuierlichen Austausch und fachliche Weiterbildungen ist ein landesweites auf gemeinschaftliches Wohnen spezialisiertes Netzwerk entstanden.
- Finanzielle Herausforderungen: Wohnprojekte stehen vor großen finanziellen Herausforderungen durch hohe Bau-, Grundstücks- und Finanzierungskosten. Sie benötigen angepasste Förderprogramme, die genossenschaftliche Eigentumsformen gegenüber Einzeleigentum nicht benachteiligen. und Sanierung von Gebäuden in schlechtem Zustand zu ermöglichen.
- Kommunale Zusammenarbeit: Die Zusammenarbeit mit Kommunen spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von ländlichen Wohnprojekten, wird jedoch durch begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen erschwert. Gezielte Beratung und Förderprogramme auf Bundes- und Landesebene sind notwendig.
- Erfolgsfaktoren: Engagierte Menschen vor Ort und überzeugende Vorzeigeprojekte sind entscheidend für eine erfolgreiche Wohnprojektumsetzung und Leerstandsbelebung auf dem Land.
- Betreutes Wohnen: In ländlichen Gemeinden besteht ein hoher Bedarf nach betreuten Wohnangeboten für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen, die ihren Wohnort nicht verlassen möchten. Modellprojekte für kleine Wohn-Pflege-Gemeinschaften sind in Sachsen dringend erforderlich.
Fazits aus unseren Beratungen für Wohnprojekte in 2024
- Gemeinschaftliches Wohnen und Denkmalschutz – das passt zusammen: Bis auf eine Initiative streben alle die Sanierung von Bestandsgebäuden an. Mit 54 % steht mehr als die Hälfte der 2024 beratenen Altbauten unter Denkmalschutz.
- Gemeinschaftliches Wohnen hat sozialen Mehrwert: 76 % der Projekte wählen eine gemeinschaftliche Rechtsform, die es ermöglicht, Menschen mit unterschiedlich viel Geld gleichberechtigt zusammenzubringen. Unter den beratenen Projekten waren zwei, die einen besonderen Fokus auf die Integration schwerbehinderter Menschen haben. Zwei weitere entstanden in Zusammenarbeit mit Sozialträgern.
- Gemeinschaftliches Wohnen ist mehr als nur Wohnen: Fast alle der beratenen Initiativen haben eigene Gemeinschaftsräume, oft mit Werkstätten. Bei vier davon ist die Zusammenarbeit mit einer gewerblichen Landwirtschaft schon vorhanden oder geplant.